Die ehemalige Radiomoderatorin Verena Speck ist schon länger als «Musikmamsell» unterwegs. Nach der vorzeitigen Pensionierung kam sie an eine grosse Plattensammlung mit Unterhaltungsmusik aus früheren Zeiten. Man könnte doch mit diesen Melodien älteren Menschen eine Freude machen, dachte sie und gastierte fortan prompt, mit vollem Plattenkoffer und grossem Erfolg in Seniorenresidenzen.
Oft kam sie bei diesen Auftritten auch mit demenzkranken Menschen in Kontakt und merkte, dass gerade diese bei der vertrauten Musik richtig aufblühten, sogar Tanzschritte wagten. Die Idee des Tanzcafés war geboren!
Immer am zweiten Dienstag im Monat lädt Verena nun tanzfreudige ältere Menschen mit und ohne Demenz, mit ihren Familien und Freunden zum Tanz. Allerdings ausserhalb der Heime oder Pflegestationen, an einem unabhängigen neutralen Ort. So sitzen wir nun bei freiem Eintritt in Oerlikon im Restaurant Binzgarten. Während Verena hinter ihren Plattentellern noch LPs und CDs prüft, treffen bereits die ersten Gäste ein, begrüssen sich lebhaft und setzen sich an die dekorierten Tische. Um halb drei bereits erklingt der erste Wienerwalzer; beim «Margritliliedli» singen alle mit, der Saal ist voll, und bei Teddy Stauffer bewegen sich drei Damen einzeln und rhythmisch zu seiner Musik. Die thailändische Pflegerin führt vorsichtig ihre fragile, weisshaarige Anvertraute, die mit abwesendem Blick, aber frohem Lächeln, kleine Schritte macht.
Nicht alle hier sind dement, oft sind es Pensionierte, die sich alleine fühlen, glücklich sind, Gesellschaft zu haben, sich austauschen zu können und sogar mehr oder weniger moderat das Tanzbein zu schwingen. Ich gratuliere der «Musikmamsell» von Herzen zu ihrem Herz für die Alten und wünsche dem Tanzcafé weiterhin viel Erfolg.
Bericht aus dem Tagblatt Zürich, vom Mittwoch, 11. Mai 2016 | www.tagblattzuerich.ch